Akupunktur
Seit 25 Jahren arbeite ich mit den Mitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM): Akupunktur und Kräuter. Die Effekte dieser Behandlungsmethode im täglichen Praxisalltag haben mir gezeigt: Akupunktur kann bei vielen Störungen sehr hilfreich sein. Von der Schmerzbehandlung z.B. bei Migräne, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Gelenkschmerzen über Psychosomatische Erkrankungen bis hin zu Regelstörungen und Kinderwunsch bis zu Erkrankungen der Inneren Organe.
Akupunktur ist ja die Reizung eines Körperareals, um eine Reaktion des behandelten Organismus anzuregen. Meist wird die traditionelle Nadel verwendet, die Stimulation der Akupunkturpunkte wird aber auch z.B. mit elektrischen Reizen, mit Laser oder mit LED-Licht durchgeführt.
Dem interessierten Beobachter stellt sich die Frage: Wie kann es sein, daß die Akupunkur eines Ortes der Körperoberfläche (Akupunkturpunkt) eine Wirkung an einer anderen Stelle des Organismus entfaltet?
Wirkung der Akupunktur
Im Rahmen einer klassischen TCM-Behandlung werden die verschriebenen Kräuter wie auch die genutzten Akupunktur-Punkte nach der TCM-Diagnose bestimmt. In diese Diagnose fließen die Symptomatik und Konstitution sowie das Aussehen der Zunge (Zungendiagnose) und die Qualität des Pulses (Pulsdiagnose) des Patienten ein. Beispielsweise legen Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, weicher Stuhl, eine etwas geschwollene Zunge mit Zahneindrücken und ein “schlüpfriger” Puls nahe, daß eine “Schwäche der Milz” besteht. Es werden Akupunktur-Punkte und eine Kräuter-Rezeptur gewählt, die die “Milz” stützen.
Wirkungsmechanismen
Die TCM ist primär ja eine über Jahrtausende entwickelte und verfeinerte Erfahrungsmedizin mit einem eigenen wissenschaftlichen Funktionsmodell, in dem z.B. der Fluß des Qi beeinflußt wird. Der Akupunkteur kennt die Wirkungen der einzelnen Akupunkturpunkte in den Denkkategorien der TCM, also z.B. “Stimuliert das Nieren-Yang” oder “Bewegt des Qi” oder auch “Kühlt das Yang-Ming”.
Darüberhinaus gibt es inzwischen ja auch aus China selbst verschiedene neuere Forschungsergebnisse im Sinne der modernen Biomedizin. Die Wirkung der alten Behandlungsmethode Akupunktur fußt vermutlich auf mehreren physiologischen Effekten, die eine Erklärung mittlerweile naturwissenschaftlich plausibel machen. So kann die Akupunktur durch die traditionell-chinesische “Brille” betrachtet werden, wie eben inzwischen auch durch die neurophysiologische “Brille”.
Die Faszienforschung legt z.B. nahe, daß die klassischen Meridiane im Gewebe der Faszien ihre moderne Entsprechung finden. Möglicherweise unter Einbeziehung des sogenannten “Primo Vessel Systems” (ein neben den klassischen Arterien, Venen und Lymphgefäßen existierendes System von Gefäßen). Was in der klassischen TCM als “de qi”, als Qi-Gefühl, bekannt ist und das Erreichen der “richtigen” Stelle durch die Akupunkturnadel anzeigen kann, tritt offenbar nur auf, wenn die Nadelspitze im Fasziengewebe sitzt und nicht beispielsweise in Muskelgewebe. Und das “Festhalten der Nadel” im Gewebe scheint im Umwickeln der Nadelspitze durch Fasziengewebe seine moderne Erklärung zu finden. Viele weitere Befunde neuerer Forschung zeigen, daß eine Integration klassischer Lehre in der TCM mit modernern wissenschaftlichen Erkenntnissen möglich werden könnte.
Endorphine
Durch den Nadelreiz werden Endorphine (körpereigene Morphium-ähnliche Hormone) aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ins Blut ausgeschüttet und so z.B. die Schmerzverarbeitung beeinflußt. Medikamente, die die Wirkung dieser Hormone blockieren, verschlechtern die Schmerzlinderung durch Akupunktur.
Herzschlag
Der Herzschlag wird vom vegetativen Nervensystem beeinflußt. Akupunktur scheint nach Messung des Herzschlages das parasympathische Nervensystem zu stimulieren und damit das Herz zu beruhigen.
Gehirn
Nadelreizung an Akupunkturpunkten verändert die Aktivität in Gehirnregionen, die für die Schmerzverarbeitung wichtig sind.
Ein chronisches Karpaltunnel-Syndrom kann zu Gefühlsstörungen der Finger führen. Dies führt zu Veränderungen im Bereich der entsprechenden Areale der Hirnrinde. Parallel zu Verbesserung der Beschwerden durch Akupunktur konnte gezeigt werden, daß der entsprechende Umbau im Bereich der Hirnrinde sich wieder zurückbildet.
Adenosintriphosphat (ATP)
Akupunktur führt zur lokalen Freisetzung bestimmter Substanzen (ATP) aus Hautzellen, die vermutlich bei der Akupunkturwirkung eine Rolle spielen.
Segment-Anatomie
Die Aktivierung hemmender Nervenzellen in einem Rückenmarks-Segment mittels Akupunktur kann die Schmerzwahrnehmung im gleichen Segment vermindern.
Der Mensch zeigt eine segmentale Untergliederung, in frühen Embryonalstadien noch gut sichtbar, später noch zu erahnen im Blick auf die Wirbelsäule und die Rippen. Diese Segmente umfassen zentrale Anteile im Rückenmark, dann die rückenmarksnahen sogenannten Spinalnerven, und die von diesen versorgten Haut‑, Muskel‑, Knochen- und Organareale.
Im Laufe des insbesondere vorgeburtlichen Wachstums verändert sich die Lage dieser Anteile zueinander, die Beine wachsen z.B. in die Länge, aber die funktionelle Einheit dieser Segmente bleibt bestehen.
Es zeigt sich eine große Überlappung der Einflußzonen der Leitbahnen (Meridiane der Traditionellen Chinesischen Medizin) und den Ausbreitungsgebieten dieser Spinalnerven.
Hierdurch werden Akupunkturwirkungen neurophysiologisch erklärbar.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Chinesische Medizin mit ihrer Akupunktur und den Heilkräutern bietet Behandlungskonzepte für sehr viele Störungen. Beispiele wären die Schmerzbehandlung bei Migräne und Rückenschmerzen, die Therapie Psychosomatischer Erkrankungen, Angst und Panik, Depressiver Beschwerden, Schlafstörungen und Burnout, die Behandlung von Allergien, Heuschnupfen und Asthma, von gynäkologischen Krankheiten wie Regelstörungen und Wechseljahresbeschwerden, die Unterstützung bei Kinderwunsch und einer Fülle weiterer Erkrankungen.