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Astragalus: Rezeptur-Beispiel

Astragalus: Rezeptur-Beispiel

Yu Ping Feng San — Jade Windschutz Pulver

Beispiel einer klas­si­schen Rezeptur aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bei Schwitzneigung und Aversion gegen Wind. Wesentliches Heilkraut ist die Tragantwurzel (Radix Astragali) aus mei­nem vori­gen Blog-Beitrag. Anwendung: Schwäche, ins­be­son­de­re Abwehrschwäche mit Neigung zum Schwitzen. Ist aber z.B. eine Erkältung bereits ein­ge­tre­ten, wer­den wie­der ande­re Kräutermischungen ver­wen­det, z.B. die Zimzweige-Rezeptur aus dem näch­sten Blog-Artikel. Im Blick auf die küh­le­ren Jahreszeiten (die ja auch gele­gent­lich mal wie­der kom­men) eine sehr nütz­li­che Mischung.

Zutaten
Tragantwurzel (Radix Astragali)
Wurzel des Großköpfigen Speichelkrautes (Rhizoma Atractylodes macrocaphalae)
Windschutzwurzel (Radix Saposhnikoviae)
Anti-aging mit Astragalus?

Anti-aging mit Astragalus?

Tragantwurzel, Radix Astragali, in der TCM: Huang Qi

Die Tragantwurzel ist in der TCM ein wich­ti­ges Heilkraut. Es gehört in die Gruppe der Qi-stärkenden Kräuter. Das heißt salopp: es wirkt kräf­ti­gend. Eingesetzt wird es tra­di­tio­nell bei Schwächezuständen, Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Appetitlosigkeit, Blässe, wei­chem Stuhl, Abwehrschwäche und leich­tem Schwitzen. Eine Kombination aus die­sen Symptomen wird in der Chinesischen Medizin “Milz-Qi-Schwäche” genannt.
Dieses Arzneikraut kann auch ein­ge­setzt wer­den bei Allergien, Asthma und vor­beu­gend gegen Erkältungskrankheiten, bei bös­ar­ti­gen Erkrankungen, Wundheilungsstöungen und bei Diabetes.
Astragalus wird gün­stig auf das Immunsystem, eine Schwäche der Abwehr kann gestärkt wer­den und eine über­schie­ßen­de Reaktion wie z.B. bei Allergien kann abge­mil­dert werden.

Radix Astragali (Tragantwurzel), geschnit­ten und getrocknet

Astragalus, das “Anti-Aging-Kraut”

Hochinteressant ist auch die Forschung zur Alterung, die mit den im Laufe des Lebens kür­zer wer­den­den Endstücken von Chromosomen zu tun hat, den soge­nann­ten Telomeren.
In der neue­ren Forschung konn­te gezeigt wer­den, daß Astragalus eine gün­sti­ge Wirkung auf die Alterung von Zellen hat durch Aktivierung eines Enzyms, daß die­se Telomere wie­der verlängert. 

Die Wurzel der Heilpflanze kommt getrock­net und klein­ge­schnit­ten in die Apotheken und kann in den für die Traditionelle Chinesische Medizin typi­schen Kräuterrezepturen ver­ord­net werden.

Chinesische Kräuter bei Paukenerguß

Chinesische Kräuter bei Paukenerguß

TCM bei Ohrenentzündungen (Otitis media mit Paukenerguß)

Ein Paukenerguß oder ein Paukenhöhlenerguß ist eine Ansammlung von Flüssigkeit im Mittelohr, die in Verbindung mit Atemwegsinfekten bei Kindern auf­tre­ten kann. Normalerweise wird das Mittelohr über einen klei­nen Kanal (die Eustachische Röhre) in den Nasen-Rachen-Raum be- bzw. ent­lüf­tet. So einen Druckausgleich kann man sel­ber spü­ren: wenn man Luft in die zuge­hal­te­ne Nase drückt, dann knackt´s im Ohr. Damit kann man z.B. im Flugzeug beim Landeanflug den Druck im Ohr “ablas­sen”.

Hinter dem Trommelfell das Mittelohr mit Abfluß nach unten.
Hinter dem Trommelfell das Mittelohr mit Abfluß nach unten.
© Henning Riediger | Fotolia

Bei Infekten kann die­ser Kanal zuschwel­len, dann fließt Sekret nicht mehr so gut ab. Das muß kei­ne schlim­men Folgen haben, kann aber auch län­ger anhal­ten und durch die Hörminderung unan­ge­neh­me Begleiterscheinungen her­vor­ru­fen. Gelegentlich wird ein chro­ni­fi­zier­ter Paukenerguß mit einem soge­nann­ten Paukenröhrchen behan­delt, dadurch wird der Abfluß von Sekret durch das Trommelfell gewährleistet.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin wür­de man z.B. mit einem Sirup aus Heilkräutern ver­su­chen, den Paukenerguß zur Abheilung zu bringen.
Mit so einem Versuch könn­te man (nach Rücksprache mit dem HNO-Arzt) die Zeit bis zum Einlegen eines Röhrchens nut­zen und viel­leicht eine Narkose einsparen.

Chinesische Heilkräuter — Alles Quatsch?

Chinesische Heilkräuter — Alles Quatsch?

Heilkräuter und Malaria

In der tra­di­tio­nel­len Medizin Chinas wird Beifuß unter den TCM-Heilkräutern als wirk­sa­mes Mittel gegen Erkrankungen mit Hitze und Kälte im Wechsel auf­ge­führt. Schon ca. 300 n.Chr. wird die Artemisia (Beifuß, Qing Hao) bei Erkrankungen mit Wechsel von Hitze und Kälte emp­foh­len. Alte chi­ne­si­sche Beschreibungen zei­gen, daß damit wohl Malaria als die bekann­te, durch Fieberschübe gekenn­zeich­ne­te Infektionskrankheit, gemeint ist.

Der renom­mier­te Sinologe und Medizinhistoriker Paul Unschuld stellt im Oktober 2015 in der Süddeutschen1)http://www.sueddeutsche.de/wissen/nobelpreis-fuer-malaria-forschung-chinas-genugtuung‑1.2684569 in einem schö­nen Artikel die Forschung der Pharmakologin Tu Youyou dar und bet­tet den Bericht über die­se Forschung in den medi­zin­hi­sto­ri­schen Hintergrund ein.

Unschuld beschreibt, wie Tu Youyou “den natür­li­chen Anti-Malaria-Wirkstoff Artemisinin in einer welt­weit ver­brei­te­ten Pflanze ent­deckt hat, die aber allein in der chi­ne­si­schen phar­ma­zeu­ti­schen Literatur seit mehr als 2000 Jahren beschrie­ben wor­den ist.”

Natürlich ist der Erfolg die­ser Forschung ein Erfolg der west­li­chen, wis­sen­schaft­li­chen Biomedizin. Aber man könn­te ihn auch als einen Hinweis dar­auf wer­ten, daß in der tra­di­tio­nel­len Heilkräuterkunde viel­leicht nicht alles nur Dummfug und Hokuspokus ist.

Unschuld: “… war in China in den 1960er-Jahren das Projekt 523 gestar­tet wor­den. Dessen Ziel war es, in der anti­ken chi­ne­si­schen Literatur nach Hinweisen auf Substanzen zu suchen, die gegen Malaria wirken.”

Weiter beschreibt Unschuld die Entwicklung: ” Erste Versuche, einen geeig­ne­ten Malaria-Wirkstoff in dem Kraut qing hao zu fin­den, ende­ten aller­dings unbe­frie­di­gend. Die extra­hier­ten Substanzen erziel­ten kei­nen hohen Wirkungsgrad. Erst als Tu Youyou sich noch ein­mal die Hinweise für die Aufbereitung anschau­te, die Ge Hong for­mu­liert hat­te, kam Tu Youyou die Idee, dass ein Auszug mit erhitz­ten Lösungsmitteln wohl nicht der rich­ti­ge Weg sei. In dem Rezept war von “ein­wei­chen und aus­wrin­gen” die Rede. Folglich nahm Tu Youyou eine kal­te Extraktionsflüssigkeit zu Hilfe. Das war der Anfang für die wei­te­re Entwicklung, die schließ­lich zum Artemisinin führ­te, bis heu­te eines der wich­tig­sten Malaria-Medikamente.”

Was ich mit alle­dem illu­strie­ren möch­te: Die Aufgabe eines Therapeuten für Traditionelle Chinesische Medizin ist es nicht nur, die rich­ti­gen Kräuterrezepturen für einen Patienten zu fin­den. Hilfreich ist wei­ter­hin, die tra­di­tio­nel­len Überlieferungen im Lichte moder­ner medi­zi­ni­scher und phar­ma­ko­lo­gi­scher Forschung zu bewer­ten und zu nutzen.

Literatur

Literatur
1 http://www.sueddeutsche.de/wissen/nobelpreis-fuer-malaria-forschung-chinas-genugtuung‑1.2684569
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Jens Heitmüller