Leber-Qi-Blockade
In letzter Zeit fühlt sich Ihr Oberbauch unter den Rippen gespannt an, kein richtiger Schmerz, aber immer wieder ein Druckgefühl. Nervig. Manchmal ist etwas viel Luft im Bauch, Ihnen ist etwas übel, dann müssen Sie auch vermehrt aufstoßen. Ihr Kollege fragt Sie, warum Sie in letzter Zeit öfter so komisch Seufzen, das ist Ihnen selbst noch gar nicht aufgefallen. Neuerdings bekommen Sie öfter einen Schluckauf. Ihre Stimmung ist solala, vielleicht sind Sie etwas unausgeglichen in den letzten Wochen, vielleicht auch ein bißchen reizbar, Ihr Nachbar meinte sogar, Sie sähen Depri aus. Ganz oft haben Sie einen Kloß im Hals, beim Essen geht das Gefühl aber weg. Der Zahnarzt fragt, ob Sie knirschen.
Eigentlich sind Sie immer gesund, im Job hat sich auch nicht groß was geändert, das Haus ist fast abbezahlt, die Kinder mal niedlich, mal nervig, so ist das eben. Vielleicht kriegen Sie ein bißchen wenig Schlaf, das Einschlafen ist ein wenig zäh in den letzten Monaten. Ihr Zustand scheint nicht besorgniserregend, aber etwas beunruhigt sind Sie doch, vielleicht gibt es eine Ursache, eine Bekannte hatte auch mal so einen Zustand, das war eine Schilddrüsengeschichte. Sie nimmt seither ein Medikament und es geht ihr prima.
Sie gehen zum Hausarzt, Blutwerte und Ultraschall zeigen keine Auffälligkeiten. Die Schilddrüse funktioniert auch normal. Sie werden zum Internisten weitergeschickt (Termin in 6 Wochen), zum HNO (Termin in 9 Wochen) und zum Psychiater (Termin in 8 Wochen). Der Internist macht eine Magenspiegelung, die Schleimhaut ist etwas gerötet, sonst alles oK. Sie bekommen ein Medikament gegen ein Zuviel an Magensäure, das zu einer leichten Besserung des Aufstoßens und des Bauchdruckes führt. Der HNO findet keine Ursache für den Kloß im Hals, meint es könne psychosomatisch sein, der Psychiater diagnostiziert eine Streßreaktion, empfiehlt eine Psychotherapie. Eigentlich finden Sie nicht, daß Sie einen Psychotherapeuten brauchen. Aber Sie telefonieren eine Liste von Therapeuten ab, es gibt erst im nächsten Jahr freie Therapieplätze, Sie geben die Suche auf. Sie gehen wieder zum Hausarzt. Inzwischen ist alles eher etwas schlimmer geworden, wegen Ihrer Reizbarkeit gibt es öfter zuhause Streß, der Bauch ist mit dem Protonenhemmer zwar etwas besser, aber nicht wirklich gut. Einschlafen noch zögerlicher, jetzt wachen Sie zusätzlich noch viel zu früh wieder auf. Sie fühlen sich ziemlich erschöpft, aber innerlich auch irgendwie unruhig. Der Hausarzt zieht Sie erstmal 2 Wochen aus dem Verkehr.Oft ist die Sache ja klar. Herzkrank: ASS und Betablocker. Schilddrüse: Hormone. Plattfuß: Einlagen. Migräne: Triptane. Schenkelhalsfraktur: OP mit Gelenkersatz. Bandscheibe: Krankengymnastik. Die möglichen Hilfen im Rahmen unserer Schulmedizin sind oft reichlich vorhanden und unkompliziert zu bekommen. Aber hin und wieder scheint es nicht zu klappen, vielleicht finden die Ärzte keine Ursache, vielleicht wird keine Behandlung angeboten, oder die Behandlung hilft nicht oder wird nicht gut vertragen.
In meinem Frust angesichts solcher Krankengeschichten hat mich vor 25 Jahren genau wie jetzt die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) fasziniert. Allein die Beschwerden, die Qualität des Pulses und das Aussehen der Zunge machen in der TCM die Diagnose möglich. Labor, Röntgen, Endoskopie und Ultraschall brauche ich ggf., falls Erkrankungen möglich sind, die einer schulmedizinischen Behandlung bedürfen. Und dafür ist es hilfreich, auch den Blick des Schulmediziners zu haben. Für die vielfältigen Zustände, für die sich keine schulmedizinisch definierten Diagnosen und Lösungen finden lassen, gibt es in der TCM Behandlungskonzepte. Der oben skizzierte Zustand entspricht in der TCM einer Leber-Qi-Blockade: Der freie Fluß der Energie ist beeinträchtigt, ist sozusagen “eingestaut”, man ist wie blockiert, im Darm wie im Kopf. Die Symptomatik zeigen sich häufig in der “Mitte” mit Bauch- und Verdauungsbeschwerden, die TCM sagt “die Mitte wird überwältigt”. Es fällt schwer, “loszulassen”, auch zur Nacht den Tag “loszulassen”, oder den Kiefer zu entspannen. Alles wird festgehalten anstatt es fließen zu lassen, sozusagen einen guten flow zu ermöglichen. Eine Behandlung mit den Mitteln der TCM besteht aus individuell passend für einen Patienten zusammengestellten Rezepturen Chinesischer Heilkräuter zum Einnehmen, entweder in Form der traditionellen Abkochung, oder etwas moderner als Fertig-Pulver bzw. gepreßt als Tablette, wahlweise auch flüssig in Form von Tropfen in wässriger oder alkoholischer Lösung, oder als den für Kinder perfekt geeigneten Sirup. Die Kräuterrezepturen können in Kombination mit Akupunktur angewendet werden, für Kinder z.B. auch in der Variante mit LED-Licht- oder Laser-Akupunktur, also ohne Nadel. Mit dieser Art der Therapie besteht die Möglichkeit, wieder “in Fluß” zu kommen.